• Dass in den ersten Jahren die Karnevalssitzung „Gala-Damen-Sitzung“ hieß, obwohl bei dem damals reinen Männerverein keine Dame zu sehen war …?

  • Dass es ebenfalls in den ersten Sitzungsjahren Saalwächter gab, die auftraten wie gestrenge Kirchen-Schweizer …?

  • Dass bis vor wenigen Jahren am späten Aschermittwochabend der „Fastnachtsmann“ beerdigt wurde und dabei ein jämmerliches Heulen durch die Straßen des Dorfes erklang …?

  • Dass fünfzehn Jahre lang die Sitzungen mit einem „Prolog“ (umgetextete Arie von W. Mornau) eröffnet wurden …?

  • Dass es während der Prinzen-Jahren neben dem Funkenmariechen auch einen weibli­chen Tanz-Major in besonderer Uniform gab …?

  • Dass der Elferrat bis Anfang der 70er Jahre schwarze Anzüge und weiße Handschuhe trug …? Einer von ihnen meinte: „Wir sehen aus, wie die vom Krematorium!“

  • Dass der gleiche Elferrat zu dieser Zeit von einem lustig hüpfenden „Bajazz“ begleitet wurde …?

  • Dass beim letzten Karnevalszug 1969 wegen 35 cm Schnee in den Straßen von Nieder­werth alle zu Fuß dem Prinzen „Rolf I von der Seppelburg“ hinterher waten mussten …?

  • Dass es in unserem Publikum jemanden gibt, der in all den Jahren noch keine Sitzung versäumt hat …? Er hat dabei noch nie sichtbar, geschweige denn hörbar gelacht. Wir sind überzeugt, er tut es nach Innen!

  • Dass Franz Knopp † (Urkarnevalist der Werther Narrenshow) von 365 Tagen des Jahres an drei Tagen nicht an Karneval dachte …? (Hochzeitstag, Jahresabrechnung Markthalle, Heiligabend)

  • Dass unser Ehrenpräsident Albert Klöckner ab und zu mit seiner Marionette - Klein Albert - spazieren geht und sie dann wieder an den Nagel hängt. So kann er auch noch im karnevalistischen Ruhestand die Puppen tanzen lassen. Und das nicht nur zur Karnevalszeit.

Ein Frühschoppen mit den Ehrenvorsitzenden Helmut Weber † und Theo Klöckner
(Jörg Hilden führte das Interview 1998 zum 50-jährigen Jubiläum)

 

Der Karnevalsverein war ja nicht der erste Karnevalsverein auf der Insel?

Theo: Richtig, auch vor dem Weltkrieg gab es natürlich Faschingstreiben auf Niederwerth, organisiert durch die beiden Vereine „Humor“ und „wir bleiwe ower“.

Helmut: Nach dem Krieg existierte noch ein Sparbuch des Vereins „Humor“ und bei der späteren Gründung unseres Vereins hätte man die paar Mark sehr gut gebrauchen können. Aber der Verwalter wollte das Sparbuch nur herausgeben, wenn sich auch der neue Verein „Humor“ nennt. Doch wir hatten uns für „Mir were nimmi goot“ entschieden.
 
Wann war denn nun unser Verein zum ersten Mal aktiv?
 
Helmut: Als Mitglieder des Sportvereins und des Gesangvereins waren wir 1948 bereits aktiv dabei als diese beiden Vereine konkurrierend Karnevalssitzungen durchführten.
 
Theo: Ja und wir jungen Kerle, ich war damals gerade 20, wurden durch diese Veranstaltun­gen beflügelt, einen eigenen Karnevalsverein zu gründen. Im Frühjahr traf man sich dann bei Ernst Kesselheim zu einem ersten „geheimen“ Treffen. Die Franzosen durften ja nichts mitbe­kommen, es herrschte immer noch Versammlungsverbot.
 
Eine Zeit, die ich nur aus Geschichtsbüchern und Filmen kenne. Aber es war, glaube ich, auch eine Zeit der Hoffnung. Wie ging es denn weiter mit dem Verein?
 
Theo: Ja, die Gründungsversammlung fand am 1. Juni 1948 statt.
 
Helmut: Gott sei Dank bekamen wir die Genehmigung der französischen Militärregierung. Um diese zu erlangen, musste von jedem Mitglied nachgewiesen werden, dass es nichts mit den Nazis zu tun hatte. Der Antrag, die Statuten, alles musste ins Französische übersetzt werden.
 
Theo: Im Herbst 1948 fand die erste öffentliche Veranstaltung im Saale „Zur Rheinschanz“ statt. Es war ein Bunter Abend mit zwei bis drei Vorträgen, Musik und Tanz und im Jahr 1949 dann die erste Karnevalssitzung. Die Leute standen zwei Stunden vor der Tür und warteten. Jeder wollte der erste sein, es gab keine nummerierten Plätze.
 
Helmut: Da waren mehr Leute in einer Sitzung als heute (kaum vorstellbar) und niemand beschwerte sich über den schlechten Sitzplatz. Die Menschen waren froh, von ihren Alltags­problemen einmal abgelenkt zu werden.
 
Wie war denn das Sitzungsprogramm und das Drumherum?
 
Theo: Die Sitzungen von damals kann man mit den heutigen überhaupt nicht vergleichen. Hier ging es um den Spaß untereinander und darum, das Dorfleben auf die „Schippe“ zu nehmen. Das Programm gestalteten über Jahre hinweg: Die „Klapphörner“ mit ihrem gesun­genen Dorftratsch, „Herren- und Damenliste“ mit der Frage: Wer mit Wem? und die unverges­senen „Mordgeschichten“, eine dramatisch gesungene Darstellung aktueller Geschehnisse. Die Sitzungen fanden auch nicht freitags oder samstags statt. Nein, am Sonntagabend und der Eintritt betrug 1,- DM und davon mussten noch 25 Pfennig als Vergnügungssteuer ab­geführt werden. Mancher Aktiver musste noch etwas aus der eigenen Tasche drauflegen, um die Kosten abzudecken.
 
Helmut: Das Programm war nicht festgeschrieben, es gab keine Lese- oder Generalprobe. Die Sitzungen wurden „aus der Lamäng“ gestaltet.
 
Wie sah es denn mit einem Elferratstisch, mit Bühnenbild, Lichtanlage und Mikrofo­nen aus?
 
Helmut: Unser erster Elferratstisch bestand aus zwei Biertischen und einfachen Holzstühlen für den Elferrat. Ein Bühnenbild gab es nicht und bei der „Lichtanlage“ war man froh, dass es überhaupt Licht im Saal gab und keine Sicherung rausflog.
 
Theo: Die Akteure mussten kräftige Stimmen haben. Mit Mikrofonanlage war nichts. Die Leute sollten uns ja alle hören. Wir waren auch nicht immer diszipliniert. Man trank sich Mut an und so fiel es schon manchmal schwer, im zweiten Teil der Sitzung noch die „Zunge rund zu bekommen“.
 
Gab es denn anfangs auch eine Garde im Verein?
 
Helmut: Nein, früher führte immer unser „Hans-Wurst“ (Harlekin) die Akteure auf die Bühne. Er eröffnete die Sitzung, ging vor dem Elferrat in den Saal und begrüßte insbesondere unsere weiblichen Gäste mit einem „Damengruß“.
 
Theo: Eine Garde wurde erst gegründet, nachdem ein Gastauftritt einer Tanzgruppe aus Bad Godesberg, vermittelt durch Familie Röser, den Sitzungsbesuchern gut gefallen hatte. Seit­dem tanzen junge Werther Mädchen auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“!
 
Was macht den Erfolg des Karnevalsvereins Niederwerth aus?
 
Theo: Die Leistung jedes einzelnen und des Vereins insgesamt. Was aus der Improvisation begann, wird heute mit viel Perfektion gemacht. Bei 9 Sitzungen bleibt auch gar nichts ande­res übrig. Doch eines ist in den Jahren immer gleich geblieben: jeder ist mit dem ganzen Herzen dabei und die Kameradschaft untereinander stimmt.
 
Helmut: Überall gibt es Höhen und Tiefen, wichtig ist es jedoch zusammenzuhalten. Karne­val ist zwar eine humorvolle Sache, die jedoch mit dem nötigen Ernst von den Akteuren an­gepackt werden muss. Bei uns im Verein ist jeder gleich. Es gibt keinen Elferrat, der sich nur auf der Bühne präsentiert. Bei uns sind alle Aktiven automatisch auch Elferratsmitglieder und jeder packt an bei den Arbeiten auf und hinter der Bühne. Der Büttenredner aus der Sitzung stellt nachmittags die Stühle im Saal und bläst die Luftballons auf für’s Finale. Zusammen sind wir eine große närrische Familie; der Vater dieser Familie ist unser Präsident Albert Klöckner.
 
Theo: 42 Jahre Sitzungspräsident zu sein, das ist eine super Leistung. (daraus wurden 50 - die Redaktion)